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10. November 2021 – Geschlossenes System

Am Rande der heutigen Kundgebung geht es wieder einmal um die Sozialberatung im Ankerzentrum. Denn berechtigterweise haben Geflüchtete, die im Abschiebelager zwangskaserniert sind, Bedenken. Sie erleben das in sich geschlossene System und seine Folgen täglich: Das Zusammenspiel von BAMF, Sozialamt und Regierung – Polizeieinsätze und Abschiebungen. Sie wissen genau, dass das Ziel der Behörden ist, sie so schnell als möglich abzuschieben. Und genau deshalb ist es sehr schwierig, sich vorstellen zu können, dass es im Lager eine Stelle geben soll, der man_frau vertrauen kann. Die Schweigeplicht hat und sie tatsächlich einhält. Die einen tatsächlich unterstützt. Deshalb müssen Beratungsstellen außerhalb des Ankerzentrums sein.

Ein weiteres Thema ist oft Kirchenasyl. Es wurden jedoch immer weitere Hürden eingeführt. Neben dem bundesweiten Versuch Kirchenasyl zu erschweren und letztendlich unmöglich zu machen gibt es vor allem in Bayern immer wieder Strafbefehle und Anklagen, die Kirchengemeinden weiter abschrecken sollen. Aktuell wurde in Bayreuth ein Pfarrer, der einen Geflüchteten wegen der drohenden Abschiebung nach Griechenland im Kirchasyl aufgenommen hatte, verurteilt (1500 € Strafe, 2 Jahre Bewährung). Die Begründung der Richterin: „Wenn der Staat kein Asyl gewährt, dann müsse das jeder akzeptieren.“ Unsere Antwort: „Nein! Das werden wir niemals akzeptieren! Solidarität heißt Widerstand!“ Dem Bayreuther Staatsanwalt geht das Urteil hingegen nicht weit genug, er hat Berufung eingelegt, da „das Strafmaß der Tat nicht gerecht werde.“ Auch das ist in Bayern nicht ungewöhnlich, da hier insbesondere die Staatsanwaltschaften die Kriminalisierung von Kirchenasyl vorantreiben. Zur Zeit sind mehrere Prozesse am Bayerischen Oberlandesgericht offen, die die prinzipielle Frage nach Strafbefehlen wegen Kirchenasyl klären sollen. Seit 2015 gibt es eine gemeinsame Absprache der Kirchen mit dem Innenministerium, jeden Fall eines Kirchenasyls auf Grundlage eines eingereichten Dossiers beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erneut zu überprüfen. Die Überprüfung führt allerdings meist auf Grundlage waghalsiger Argumente vom BAMF zu dem Ergebnis, dass keine Gefahren existieren würden. Vorgelegte (fachärztliche) Atteste über die Folgen von Folter und Missbrauch werden mit fadenscheinigen Begründungen widerlegt. Eine neue Eskalationsstufe stellt der Beschluss der Innenministerkonferenz vom Juni 2018 dar, bei abgelehntem Dossier die bereits erwähnte Überstellungsfrist willkürlich und ohne jegliche Rechtsgrundlage auf 18 Monate zu verlängern. Bereits vorliegende richterliche Beschlüsse, welche die Unrechtmäßigkeit dieser Praxis bestätigen, werden bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ignoriert.

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